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Entdecke PROMETHEUS – Interview mit Ridley Scott

Mit zwei kurz aufeinander folgenden Leinwandklassikern definierte Ridley Scott vor über 30 Jahren den modernen Science-Fiction-Film. Die düsteren, anti-utopischen Zukunftsvisionen von „Alien“ und „Blade Runner“ setzten neue Genre-Maßstäbe und schenkten der Welt eine neues Ensemble von Kultfiguren…

Drei Jahrzehnte später kehrt Scott mit „Prometheus – Dunkle Zeichen“ zu dem Genre zurück, das er selbst maßgeblich geprägt hat. Der zunächst als Vorgeschichte zu „Alien“ entworfene Film basiert auf einer eigenen Mythologie, die unverkennbar die DNA von Scotts erstem Science-Fiction-Werk in sich trägt. Doch die übergeordneten Themen von „Prometheus“ versprechen einen Film, der ganz für sich steht und unsere grundlegenden Annahmen über die Geheimnisse des Universums in Frage stellt.

Ridley Scott zählt zu den meistgelobten und gefragtesten Regisseuren unserer Zeit. Einige der bedeutendsten Werke der Filmgeschichte gehen auf sein Konto. Neben „Alien“ und „Blade Runner“ schuf er so unterschiedliche Klassiker wie „Thelma & Louise“, „Gladiator“ und „Black Hawk Down“. Im Laufe seiner Karriere arbeitete Scott mit Stars wie Russell Crowe („Robin Hood“), Denzel Washington („American Gangster“), Leonardo DiCaprio („Body of Lies“), Demi Moore („G.I. Jane“), Tom Cruise („Legend“) und Michael Douglas („Black Rain“). Mit der Besetzung von „Prometheus – Dunkle Zeichen“ kamen nun auch Charlize Theron, Michael Fassbender, Noomi Rapace, Idris Elba und Logan Marshall Green hinzu. Das Drehbuch stammt von „Lost“-Miterschaffer Damon Lindelof und Jon Spaihts, dem Autor von „Darkest Hour„.

Im Londoner Büro seiner Produktionsfirma Scott Free beantwortete Ridley Scott Fragen zu der Vision, die er mit „Prometheus – Dunkle Zeichen“ verfolgt, zu seiner Rückkehr zu den Science-Fiction-Wurzeln seiner Karriere und zu seinen Gedanken über die Erschaffung des Universums.

Behind the Scenes

Wie kam es, dass Sie nach so vielen Jahren wieder zum Science Fiction Genre zurückgekehrt sind?

Science Fiction ist ein wunderbares – sorry für das Wortspiel – Universum für Kreativität, um ein weiteres leicht überstrapaziertes Wort zu bemühen. In diesem Genre ist alles möglich. Man muss nur aufpassen, dass es nicht kitschig und klischeehaft wird und dass man eine gute Story hat, die wirklich fesselt. Heutzutage gibt es viel zu wenig originelle Ideen. Es ist alles nur Ausstattung, und das soll dann schon Science Fiction sein. Dabei hat man hier die Möglichkeit, alles zu tun, was man möchte, vorausgesetzt, man stellt zuerst klare Regeln auf. Man muss die Regeln für die eigene Story festlegen und sich innerhalb dieses neuen Universums an die eigenen Regeln halten. Ich glaube, das ist oft das Problem: Wir legen keine klaren Regeln fest, wenn wir mit Filmstoffen umgehen. Es ist, als ob man ein Buch schreibt. Als ob man einen Artikel schreibt, und der muss wie ein Stück in drei Akten aufgebaut sein. Es gibt einen Anfang, eine Mitte und ein Ende. Daran ändert sich nichts, egal, ob man ein Buch oder ein Drehbuch schreibt. Das Schwerste am Filmen ist, das verdammte Drehbuch richtig hinzukriegen.

Wie kamen Sie ursprünglich zu Science Fiction?

Mich haben vor allem die wundervoll inspirierenden Zeichnungen von Jean Giraud – auch bekannt als Moebius – zur Science Fiction gebracht, großartige, originelle Illustrationen und Ideen, die in Magazinen wie Métal Hurlant durchschienen und in all den anderen Heften, die ich las und vor meinen Kindern versteckte, weil es darin so viel Sex und Gewalt gab. Das waren sozusagen Comics für Erwachsene, aber sie waren gerade heraus, und ich dachte: „Das ist die Richtung, in die ich gehen will.“ Moebius hat dann auch meine Kostüme [für „Alien“] entworfen. Die Idee, Science Fiction zu machen, kam einfach so. Ich bin Designer, durch und durch, ich werde immer Designer bleiben, und ich bastelte gerade an einer schnellen Geschichte, als ich „Star Wars“ sah. „Star Wars“ warf alle meine Pläne über den Haufen.

Also war „Alien“ Ihre Antwort auf „Star Wars“? Eine Reaktion gegen „Star Wars“?

Nein, nein, ich dachte nur: „Gütiger Himmel, woher kommt dieser Typ?“ Der Film hat bei mir eine Vollbremsung ausgelöst und mein ganzes Denken verändert.

An der Kamera

Sie sprachen davon, dass das Konzept des postapokalyptischen Films ausgereizt ist. Stellt „Prometheus“ Ihren Schritt in die entgegengesetzte Richtung dar, zu Fragen über den Ursprung des Lebens?

Genau, und ich muss aufpassen, dass ich hier nicht zu viel verrate. Es geht um den Ursprung des Lebens und um die Frage „Was wäre, wenn?“. Gibt es diese Kugel, auf der wir jetzt leben, schon seit drei Milliarden Jahren oder erst seit einer? So oder so ist es eine verdammt lange Zeit. Nur unsere Arroganz lässt uns sagen: „Wir sind die Ersten hier.“ Sind wir die ersten Menschenartigen? Ich bezweifle das wirklich sehr. Unsere kulturelle Erinnerung und unsere Legenden erzählen uns von wundersamen, sonderbaren Dingen wie Atlantis – was ist das? Woher kommt das? Ist es wahr, war es wahr, ist es eine Erinnerung an etwas, das es tatsächlich einmal gab? Und wenn es so etwas gab, wie lange ist das her? 750 Milliarden Jahre? Dann wäre heute nichts mehr davon übrig. Wie wurde es erschaffen und von wem?

Interessant sind auch diese vielen unerklärlichen Ähnlichkeiten zwischen Kulturen, die an entgegengesetzten Enden der Welt entstanden.

Absolut. Das ist etwas, worüber wir nichts wissen. Wirklich nichts. Gibt es eine Kraft, die solche Entwicklungen steuert? Gibt es ein sehr viel größeres Konzept und eine sehr viel größere Wesenseinheit, als wir uns überhaupt vorstellen können? Es ist so wie mit einer Ameise, die neben mir auf dem Boden krabbelt. Die sieht mich nicht und weiß noch nicht einmal, dass ich da bin. Der Unterschied ist, dass wir intelligent genug wären zu sagen, „Wow, der Typ da drüben ist ja ganz schön groß“, aber es ist ein guter Vergleich.

Wie gehen die Figuren in „Prometheus“ mit diesen Themen um?

Sie haben eine andere These über das, worüber wir anfangs sprachen, nämlich dass wir schon einmal Besuch hatten [von außerirdischen Zivilisationen]. Diese These ist alt, doch sie stellt eine berechtigte Frage, die uns auch heute noch beschäftigt: Gibt es einen Gott oder nicht? Sind wir hier eine Versuchsanordnung, und wenn ja, von wem? Was ist diese Macht, diese Wesensform, die wir uns nicht einmal vorstellen können, weil wir noch nicht so weit sind?

Regieanweisungen

James Cameron hatte mit seinem komplett digitalen Ansatz bei „Avatar“ sehr viel Erfolg, doch „Prometheus“ wird in erster Linie mit realen Kulissen gedreht. Sind Sie der Meinung, dass reale Kulissen besser sind?

Nein, ich denke, Jim hat wirklich neue Maßstäbe gesetzt, sowohl mit der Story als auch mit der Umsetzung – seine Geduld ist unglaublich, viereinhalb Jahre. Doch in diesen Bereich wollte ich von vornherein nicht gehen, und ich glaube, Fox auch nicht. An meinen Film werden gewisse Erwartungen geknüpft. Er ist vielleicht nicht ganz genau das, was man erwartet, aber die Botschaft wird ziemlich gruselig sein. Jims Film ist eine völlig andere Art von Film. Nein, der Ansatz mit den realen Kulissen hat sich einfach ergeben. Hinzu kommt, dass altbewährte Produktionsmethoden weniger kosten. Digitale Effekte sind nach wie vor teuer. Wir haben diesen Film wirklich kostengünstig realisiert.

Was bedeutet der Titel für Sie?

Hinter der Geschichte von Prometheus steht die Idee, dass man ein Geschenk der Götter nicht missbrauchen und nicht denken sollte, man sei ihnen ebenbürtig. Prometheus stahl den Göttern das Feuer. Zur Strafe ketteten sie ihn an einen Felsen und ließen jeden Tag einen Adler kommen, der seine Eingeweide fraß. Bis in alle Ewigkeit. Nachts regenerierten sie sich, doch am nächsten Tag war der Adler wieder da und riss ihm Leber und Nieren erneut aus dem Leib. Ewiges Fegefeuer. Und die Moral: Leg dich nicht mit Göttern an.

Joe Utichi – www.joeutichi.com

Entdecke Prometheus – 

Teil 1: Interview mit Ridley Scott / Themen und Motive

Teil 2: Charakterentwicklung Shaw / Michael Fassbender Q&A

Teil 3: Der Planet / Charakterentwicklung David

Teil 4: Charlize Theron Q&A / Idris Elba Q&A

Teil 5: Noomi Rapace Q&A / Entwicklung des Raumanzugs

Teil 6: Das Raumschiff